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„Ein starkes Zeichen der Anerkennung des landwirtschaftlichen Berufsstandes“ – Kurzinterview mit Otmar Weingarten

Derzeit werden in den Hopfengärten die Hopfenpflanzen an die vorbereiteten Kletterdrähte angeleitet – eine zeit- und personalintensive Arbeit. Vor wenigen Wochen war noch nicht sicher, ob diese Arbeiten in diesem Jahr erfolgreich durchgeführt werden können. Otmar Weingarten, Geschäftsführer des Verbandes deutscher Hopfenpflanzer, erläutert im Interview mit „Frisch eingeschenkt“ die aktuelle Situation in den Hopfengärten.

Frisch eingeschenkt: Herr Weingarten, wie ist die derzeitige Lage in den einzelnen Hopfenanbaugebieten? Können die derzeit notwendigen Arbeiten erledigt werden?

Weingarten: Das Hopfenanleiten ist in allen deutschen Anbaugebieten in vollem Gange, wenn auch überwiegend nur mit halber Kraft, da auf den Betrieben die „Kernmannschaften“ der Saisonarbeiter aus Osteuropa nur teilweise verfügbar sind. Umso wichtiger ist die willkommene Hilfe seitens der arbeitswilligen Studierenden, Arbeitssuchenden, Kurzarbeitern und vielen weiteren Helfern, mit denen die Hopfenpflanzer versuchen, die bestehenden Lücken zu schließen. Das Ganze unter verschärften Hygienebedingungen, die strikt einzuhalten sind.
Die Lage ist heute zwar nach wie vor unübersichtlich, jedoch geben uns die Rückmeldungen unserer Mitgliedsbetriebe das Gefühl, dass das Hopfenanleiten trotz aller Schwierigkeiten und Probleme im Ergebnis funktionieren wird. Vor den Osterfeiertagen sah die Situation noch ganz anders aus, und wir hatten große Sorgen, den Hopfen überhaupt an den Draht zu bekommen.

Frisch eingeschenkt: Vor wenigen Wochen bestand noch keine Sicherheit, ob das Hopfenanleiten überhaupt erfolgreich durchgeführt werden kann, da unklar war, ob Saisonarbeitskräfte aufgrund der Corona-Krise nach Deutschland einreisen dürfen. Wie viele Saisonarbeitskräfte aus dem Ausland arbeiten derzeit in den Hopfengärten?

Weingarten: Wir schätzen den üblichen Bedarf an Saisonarbeitskräften zum Hopfenanleiten für alle deutschen Anbaugebiete auf ca. 13.000 ein. Aufgrund der oben beschriebenen Probleme stehen den Hopfenpflanzern in diesem Jahr insgesamt jedoch nur ca. 10.000 Hilfskräfte zur Verfügung. Davon stammen ca. 5.000 Personen aus dem üblichen Kreis der Saisonarbeiter und ca. weitere 5.000 Helfer aus der heimischen Region.

Frisch eingeschenkt: Um Saisonarbeitskräfte in die Hopfengärten zu bringen, haben Sie aktiv zusammen mit einem Reisebüro Charterflüge organsiert. Erklären Sie doch bitte kurz die Hintergründe. Wie war die Resonanz auf diese Maßnahme?

Weingarten: Vor den Osterfeiertagen hatten wir, wie bereits erwähnt, große Sorgen den Hopfen überhaupt an den Draht zu bekommen. Daraus entstand spontan über die Osterfeiertage die Idee und ein Konzept, zusätzliche Saisonarbeitnehmer aus Rumänien mit eigenen Charterflügen plus Arbeitsvermittlung nach Deutschland zu bringen. Dies hat aus unterschiedlichen Gründen nicht in allen Fällen reibungslos bzw. wie gewünscht funktioniert. Aber wir konnten doch einigen Betrieben konkret helfen.

Frisch eingeschenkt: Unterstützung kam bzw. kommt aber auch von der heimischen Bevölkerung. Schüler, Studierende, Brauereimitarbeiter und viele weitere halfen und helfen aktiv bei der Arbeit auf den Feldern mit. Wie bewerten Sie die Mithilfe dieser Personen?

Weingarten: Diese spontane Unterstützung war und ist immer noch sehr wichtig für unsere Betriebe, die das Anleiten ansonsten wahrscheinlich nicht geschafft hätten. Es ist aber auch ein starkes Zeichen der Anerkennung des landwirtschaftlichen Berufsstandes und seiner Leistungen für die Gesellschaft durch die Bevölkerung und Öffentlichkeit.

Frisch eingeschenkt: Das Wetter im April war sehr warm und trocken. Welchen Einfluss hatte die Frühjahrswitterung auf die Entwicklung der Hopfenpflanzen?

Weingarten: Das viel zu trockene Frühjahr erinnert an die Jahre 2018 und 2019. Das Wasserdefizit im Boden ist sehr hoch und wurde durch die zwischenzeitlichen Niederschläge nur oberflächlich korrigiert. Wir haben daher weiterhin einen sehr großen Nachholbedarf für die Saison 2020.

Frisch eingeschenkt: Die weltweite Brauwirtschaft steckt aufgrund der Corona-Auswirkungen in der Krise, der Absatz ist enorm eingebrochen, es wird weniger Bier gebraut. Ist unterm Strich in diesem Jahr mit einem Überangebot an Hopfen zu rechnen? Was bedeutet das für den Hopfenpreis (vertragliche Mengen und Freihopfen)?

Weingarten: Die Situation der Brauereien einschließlich der angeschlossenen Gastronomie und Hotellerie ist erschütternd, und die Hopfenpflanzer fühlen hier mit ihren Endkunden auf der ganzen Welt. Welche konkreten Auswirkungen die Absatzeinbrüche auf die internationale Hopfenwirtschaft und letztlich auf die Hopfenpflanzer haben werden, lässt sich derzeit noch nicht überblicken. Entscheidend für den Weltmarkt wird jedoch auch sein, wie die Welthopfenernte 2020 ausfällt, die im Wesentlichen von den Anbaugebieten in USA und Deutschland maßgeblich beeinflusst wird. In diesem Zusammenhang stellen die aktuell veröffentlichten Vorvertragsmengen für die Jahre 2020 bis 2030 des Deutschen Hopfenwirtschaftsverbandes, mit relativ hohen Vorkontraktquoten der deutschen Hopfenpflanzer für die kommenden Jahre eine gewisse Beruhigung auf dem Vertragsmarkt dar. Im Gegensatz dazu ist der Markt für Freihopfen im Herbst 2020 mit wesentlich mehr Fragezeichen verbunden.


Otmar Weingarten, Geschäftsführer des Verbandes deutscher Hopfenpflanzer (Foto: Pokorny Kreativwelten)