Gerade in der Corona-Krise wird offenkundig, wie wichtig regionale Versorgungsstrukturen und kurze Vertriebswege sind. Regionale Abfüllung, kurze Transportstrecken und eine vielfache Wiederverwendung schützen das Klima, schonen Ressourcen und sorgen für eine nachhaltige, dezentrale Versorgung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Trotzdem liegt die Mehrwegquote nicht, wie im Verpackungsgesetz vorgesehen, bei 70 Prozent, sondern nur bei rund 43 Prozent, wie aus einer Mitteilung der „Mehrweg-Allianz“ hervorgeht.
Die „Mehrweg-Allianz“, bestehend aus der Deutschen Umwelthilfe (DUH), der Stiftung Initiative Mehrweg (SIM), dem Bundesverband des deutschen Getränkefachgroßhandels (BV GFGH), dem Verband des Deutschen Getränke-Einzelhandels (VDGE), dem Verband Private Brauereien Deutschland und dem Verband Pro Mehrweg, fordert von Bundesumweltministerin Svenja Schulze, das dauerhafte Unterschreiten der Mehrwegzielquote im Verpackungsgesetz durch eine Abgabe auf Einwegplastikflaschen und Dosen in Höhe von mindestens 20 Cent zusätzlich zum Pfand zu sanktionieren. Die Mehrwegquote von mindestens 70 Prozent sollte zudem verbindlich von jedem Abfüller und Händler gleichermaßen umgesetzt werden müssen. Die im letzten Jahr eingeführte, aufwendige Kennzeichnung von Getränkeverpackungen in der Nähe des Produktes sollte zusätzlich direkt auf der Verpackung erfolgen.
Um Verbraucher beim umweltbewussten Getränkekauf zusätzlich zu unterstützen, legt die „Mehrweg-Allianz“ gemeinsam mit 5.000 Getränkehändlern, Brauereien, Mineralbrunnen und Fruchtsaftabfüllern die Informationskampagne „Mehrweg ist Klimaschutz“ neu auf. Durch Informationen zum Klimaschutzbeitrag wiederverwendbarer Mehrwegflaschen sollen Verbraucher zum Verzicht auf Getränkedosen und Einwegplastikflaschen angeregt werden.
„Unternehmen wie Lidl, Coca-Cola oder Nestlé bewerben in Nachhaltigkeitsbroschüren ihr vermeintliches Umweltengagement. In der Realität unterlaufen sie jedoch die Ziele des Klimaschutzgesetzes der Bundesregierung, indem sie die Umsetzung der Mehrwegquote boykottieren. Allein Lidl ist für die Herstellung von jährlich 3,2 Milliarden Einweg-Plastikflaschen verantwortlich. Umweltministerin Svenja Schulze muss dafür sorgen, dass die Mehrwegquote von 70 Prozent von jedem Abfüller und Händler umgesetzt wird. Durch die Einführung einer Abgabe von mindestens 20 Cent werden die negativen Umweltauswirkungen der kurzlebigen Wegwerfverpackungen im Preis sichtbar und wirksame ökonomische Anreize für regionale Mehrwegflaschen geschaffen“, sagt die Stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz.
„Aktuelle Verpackungsmarktdaten für das Jahr 2019 belegen einen starken Anstieg des Dosenwachstums im Bierbereich von rund 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Discountbereich beträgt der Anstieg sogar über 30 Prozent. Damit wächst ausgerechnet das Gebinde überproportional, das doppelt so viele CO2-Emmissionen verursacht wie eine Glas-Mehrwegflasche. Alle Bemühungen für mehr Klimaschutz werden dadurch konterkariert. Wir erwarten von Umweltministerin Schulze endlich einen konkreten Fahrplan zur Erreichung der Mehrwegzielquote. Ganz im Sinne des letztwöchigen Petersberger Klimadialogs und dem Eintreten der Kanzlerin für ambitionierte Klimaziele. Ein ‚weiter so‘ darf es nicht geben“, sagt der geschäftsführende Vorstand des Verbandes Pro Mehrweg Günther Guder.
„Anstatt dem besorgniserregenden Dosentrend entgegenzutreten, plant Finanzminister Olaf Scholz eine steuerrechtliche Benachteiligung von Einheits-Mehrwegflaschen, die von allen Getränkeverpackungen den größten Klimaschutzbeitrag leisten. Auf diese Weise werden nicht nur die gesetzliche Mehrwegquote konterkariert und Einwegverpackungen als vermeintliche Alternative attraktiv gemacht, sondern es wird auch die Existenz vieler kleiner und mittelständischer Brauereien aufs Spiel gesetzt, die durch die Corona-Krise ohnehin mit dem Rücken zur Wand stehen. Finanzminister Scholz muss eine neue gesetzliche Grundlage zur problemlosen Fortsetzung der Bildung von Pfandrückstellungen erarbeiten. Von Umweltministerin Schulze erwarten wir eine Verhinderung der kontraproduktiven Planungen des Finanzministers“, fordert der Geschäftsführer des Verbandes Privater Brauereien Deutschland Roland Demleitner.
„Gerade vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage durch die Corona-Pandemie ist eine Umsetzung der Mehrwegquote besonders wichtig. Durch regionale Produkte in Mehrwegflaschen werden Arbeitsplätze in strukturschwachen und ländlichen Gebieten erhalten und geschaffen. Regionale Mehrwegkreisläufe bringen deutliche Vorteile gegenüber der zentralisierten Abfüllung von Einweg mit möglichst wenig Mitarbeitern. Kleine und mittelständische Betriebe, die schließen müssen, kommen nicht wieder. Ein Aussterben, insbesondere mittelständischer Brauereien, muss unbedingt verhindert werden. Mit dem Mehrwegsystem sind bundesweit rund 145.000 grüne Arbeitsplätze verbunden“, sagt der geschäftsführende Vorstand des GFGH Dirk Reinsberg.
„Für eine selbstbestimmte und klimafreundliche Entscheidung am Verkaufsregal ist es notwendig, dass Verbraucherinnen und Verbraucher Mehrweg und Einweg eindeutig unterscheiden können. Eine Kennzeichnung auf dem Produkt kann den gesetzlich vorgeschriebenen Hinweis in der Nähe des Produktes weiter verbessern. Umweltministerin Schulze sollte daher eine ergänzende Kennzeichnung auf der Verpackung schnell umsetzen. Je mehr Transparenz beim Getränkekauf, desto besser“, sagt der VDGE-Vorstand Andreas Vogel.